Verfall von Resturlaub: Arbeitgeber muss auch bei dauerhafter Erkrankung informieren

Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub erlischt am Ende des Kalenderjahres nur, wenn der Arbeitgeber ihn zuvor über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat. Die Hinweispflichten gelten auch bei durchgehender Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers. Bildquelle: Dieter Schütz / pixelio.de

Laut eines Urteils vom Bundesarbeitsgericht erlischt der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub am Ende des Kalenderjahres nur, wenn der Arbeitgeber ihn zuvor über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat. Das Arbeitsgericht Berlin hat daraufhin im Juni 2019 entschieden, dass die Hinweispflichten auch bei durchgehender Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers gelten.

Konkret ging es um eine Arbeitnehmerin, die vom Mai 2016 bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis im Jahr 2018 dauerhaft erkrankt war. Bei der Abwicklung des Arbeitsverhältnisses galt der Arbeitgeber den Jahresurlaub 2017 und anteilig für das Jahr 2018 ab. Für die 2016 nicht gewährten 18 Urlaubstage berief sich der Arbeitgeber hingegen darauf, dass ein Urlaubsanspruch bei andauernder Krankheit 15 Monate nach Ende des Jahres verfällt, in dem der Urlaub entstanden ist. Die Hinweispflichten zum Verfall des Urlaubs galten aus Sicht des Arbeitgebers nicht, da bei einer dauerhaften Erkrankung ein entsprechender Hinweis nicht nur nicht erforderlich, sondern sogar schädlich sei. Er dränge Arbeitnehmer dazu, bei bestehender Arbeitsunfähigkeit Urlaub zu nehmen.

Die Berliner Arbeitsrichter argumentierten in ihrem Urteil, dass der Arbeitgeber im Vorhinein nicht absehen könne, ob ein Arbeitnehmer für den Rest des Jahres oder noch länger erkrankt bleibe. Daraus folge, dass der Arbeitgeber verpflichtet sei, über den Umfang des Urlaubsanspruchs und die sich ergebenden Folgen bei Nichtinanspruchnahme des Urlaubs – auch bei Krankheit - aufzuklären.

Es komme nicht darauf an, dass der Urlaubsanspruch während der bestehenden Arbeitsunfähigkeit nicht gewährt werden kann, sondern darauf, dass der Arbeitgeber auf die Folgen hinweisen muss. Ein solcher Hinweis könne aus Sicht des Arbeitsgerichtes auch innerhalb einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit erfolgen, ohne dass es sich um eine Ermahnung oder ein Drängen handelt. Der Jahresurlaub aus dem Jahr 2016 sei somit abzugelten, weil der Arbeitgeber die entsprechende Hinweispflicht verletzt habe.

Ausgehend vom Urteil des Arbeitsgerichtes Berlin müssten Arbeitgeber alle Arbeitnehmer – also auch diejenigen, die aktuell und gegebenenfalls dauerhaft erkrankt sind – regelmäßig auf die rechtlichen Folgen hinsichtlich der Nichtinanspruchnahme von Urlaubstagen im Sinne der neuen Rechtsprechung hinweisen. Ob diese Rechtsprechung vom Bundesarbeitsgericht bestätigt wird, bleibt laut VAA abzuwarten.

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